rinrin muss sterben
Es war kalt und klamm,die Erde schien Steinhart und die Sonne war längst hinter den kleinen Häusern untergegangen. Ihre Schritte waren zügig in der Nacht, in der sie sich immer ein wenig fürchtete. Ein Mann stand auf der anderen Straßenseite und beobachtete jede Bewegung der 25 jährigen schlanken brünetten, wie sie ihre Einkaufstüten voller Lebensmittel, wie jeden Donnerstag eilig neben sich hertrug.
Er hatte ein wachsames Auge, nichts entging ihm, glaubte er zumindest. Um ihr zu zeigen, das er sie erkannt hatte, rief er ihr ein freudiges „Guten Abend!“ rüber und sie antwortete, als sei sie auf der Flucht „hallo, mistiges Wetter heute, ich muss mich beeilen!“ „Das geht auch vor rüber, glauben sie mir.“ antworte er ihr in einem kleinen freudigen Ton, der fast wie gepfiffen klang. Aus einer Märchenwelt entsprungen, sie wunderte sich nicht einmal, dass die beiden sich immer begegneten, obwohl sie nur Donnerstag feste Zeiten hatte für ihre Einkäufe. Er schien ein netter älterer Mann um die 50 zu sein, der eben gerne mit seinem Husky spazieren geht. Das er immer an der selben stelle stand, beunruhigte sie nur am Anfang, mittlerweile hatte sie sich des öfteren nochmal nach ihm umgedreht um zu sehen, ob er Sie verfolgte, was er natürlich nicht tat, er ging meist eine Seitenstraße hinein, sicherlich wohnt er da, dachte sie. Er wirkte recht gebrechlich, obwohl er so jung aussah, sein Hund braucht viel Auslauf, sicher schafft er das auch nicht mehr so gut, wie einst.
Um so länger sie da drüber nachdachte um so mehr tat er ihr Leid, solange bis ihr wieder einfiel, das er jedes mal mit seinem Hund auf der anderen Straßenseite stand, wenn sie Heimging. Sogar, wenn sie von einer Disko auf dem Heimweg wahr, stand er da, als wartet er nur darauf, das sie Heim käme.
Ihre Hände froren schon, es war wirklich kalt und der Wind peitschte über die Straßen der Kleinstadt, die Laternen flackerten und sie sehnte sich in ihr kleines Häuschen, welches sie von ihrem gehassten Vater geerbt hatte.
Sie war schon fast froh, das er nicht mehr da war, die Schläge, Bisse, Schreie, die Erinnerungen, vieles ist mit ihm gestorben. Ihre Mutter hatte sie und ihren Vater schon schnell verlassen, jedenfalls kam es ihr so vor. Als sie in die Grundschule kam und ihr Vater das erste mal die Kontrolle verlor, zog sie schon spurlos aus, bis heute keine Spur von ihr und dann 10Jahre später, lag er da, auf dem Gehweg zur Schule mit einer Karte zu ihrem Geburtstag in der Hand um sie abzuholen. Der einzige Tag an dem er nie eine Hand erhob oder ein Messer zückte, an dem Tag wo er sich verkrampfte um ihr nicht wehzutun, genau an dem Tag musste er sterben. Sicher bereut er nun die Einzig gute Tat die er je tat. Das war das einigst schreckliche an der ganzen Sache, jemand nahm ihm das Leben, an dem Tag wo er was gutes Tat. Bis heute glaubt die Polizei, das es Herzstillstand ist, aber die Gerichtsmedizin war sich nicht sicher, schwieg aber, damit Serania nicht noch mehr leiden musste. Sie stand als einzige Erbin in seinem Testament, bekam alles und das mit 16, es gab niemanden sonst und eine nette alte Dame, bei der sie immer Kekse bekam, verwaltete das Geld und das Haus solange, bis Serania 18 war und selber alles verwalten konnte. Die alte Dame hatte nie etwas von dem Geld genommen, hat es artig auf dem Konto ruhen lassen, nicht mal für die Klassenfahrt oder Kleidung hat sie etwas abgehoben. Und nun wohnt sie bei Serania in der kleinen renovierten Wohnung, hin und wieder kamen Erinnerungen hoch und dann renovierten die beiden einfach alles in der Hoffnung, das alles keine Rolle mehr spielt.
Oma Rinrin, wie Serania sie nannte, wartete jeden Donnerstag vorm Fernseher auf neue Zutaten für ihre Kekse. Rinrin ist eine sehr sehr alte Frau geworden und dafür noch ziemlich mobil,manchmal vergisst sie Dinge, vor allem wo sie nun wohnt, weiß sie oft nicht mehr, aber Keks-Rezepte schien sie zu tausende zu kennen. Manchmal glaubt Serania auch, das Oma Rinrin auch einfach nur Glück hat beim mischen der Zutaten, aber schmecken, ja geschmeckt haben sie jedes eine Mal köstlich.

Durchnässt vom Nieselregen und der Tatsache, das Serania kein Schirm dabei hatte, stolperte sie in den Eingangsflur des kleinen Häuschens am Stadtrand.
„bist du das Schätzchen?“ fragte rinrin. Serania lachte „ nein ein Rieeeeesen Grislibär“ dabei fuchtelte sie weit ausgestreckt mit ihren Armen um sich und mimte einen großen bösen Bären nach, während sie um die Ecke in das Wohnzimmer brummte. „ oh nein, ohh nein, ich hoffe wir haben noch genug Honig für dich kleiner Bär.“ konterte die rüstige Dame, wuchtete sich aus ihrem Sessel, der Senioren gerecht am Fenster zur Straße stand und zeitgleich zum Fernseher blicken lies. „ach Oma rinrin, ich bin doch ein grausiger Bär.“ übertrieben enttäuscht und mit schlechten schauspielerischen Fähigkeiten, ging sie durch das Wohnzimmer zur Küche. „ die hatten keine Lebkuchenmännchen mehr beim Bäcker, ich hab dir aber ein mini- Lebkuchen Haus mitgebracht, ich hoffe das ist okay, es sah soooo mega niedlich aus.“ Serania zog das kleine liebevoll verpackte Häuschen aus ihrer Einkaufstasche und stellte es auf die Küchen-anrichte. Während sie schon anfing die ersten Lebensmittel in den Schränken zu verstauen, schaute sie immer wieder wartend zur Tür. „ alles in Ordnung Rini ?“ aber es kam keine Antwort. „Omi rin rin, alles gut bei dir?“ wiederholte sie. „Omi ??“ Ihr rufen war deutlich nervöser, statt die Butter in den Kühlschrank zu stellen , stellte sie sie nur daneben und ging zurück ins Wohnzimmer, ihre Schritte waren von Angst durchzogen und die Nervosität, das etwas passiert hätte sein können, lies ihr fast den Atem stoppen.
Langsam ging sie ins Wohnzimmer und fragte erneut besorgt nach ihrer Oma rinrin, ihre Blicke streiften durch den Raum, aber sie sah sie..., hockend unter der Fensterbank, mit dem Zeigefinger auf ihren Lippen und Panik in ihren Augen. „runter!“ flüsterte sie in einem leisen aber eindeutigen Befehlston. Ohne auch nur an der Dringlichkeit zu zweifeln, ließ sich Serania auf alle Viere fallen und krabbelte zu Rinrin, die immer noch ängstlich unter dem Fenster saß, wie ein kleines Kind, nur voller Angst, doch genau das Bild kannte Serania zu genüge.
„Was ist, was ist los?“ drängte diese nun auf Erklärungen. „sie kommen, sie sind wieder da!“ zitterte die Stimme von Rinrin. „wer ist wieder da?“ Die Stirn der jungen dünnen Frau runzelte sich Fragend und verwirrt, doch Rinrin redete nicht weiter, im Gegenteil, sie drückte sich noch dichter an den alten Heizkörper unter dem Fenster. Es Klang als würden schwere Fahrzeuge über die Straße vor dem Haus fahren, es wurde laut und das Haus schien zu beben, automatisch beschlich sich Angst und Neugier im Körper von Serania.